Claudia Haak 


Psychologie


Wer bist du ohne deine Gedanken?
Wie gelingt es, unser Sein und Tun in Einklang zu bringen? Entscheiden doch diese beiden Dimensionen darüber, wie glücklich wir sind. Es ist diese Sehnsucht nach absolutem, tiefem Frieden, dieser vollkommenen Zufriedenheit mit dem gegenwärtigen Augenblick, nach der wir Menschen streben.

Fühlst du dich gestresst? Hast du es so eilig, die Zukunft zu erreichen, dass die Gegenwart dir nur noch als Mittel dient, um dorthin zu kommen? Das ist die Erklärung für deinen Stress: Du willst nicht hier in der Gegenwart sein, sondern sehnst dich nach der Zukunft. Das ist eine Spaltung, die dich innerlich zerreißt.

Oder ist es so, dass deine Vergangenheit, deine Geschichten einen Großteil deiner Aufmerksamkeit beanspruchen? Erzählst du häufig von deinen Erfolgen, Abenteuern und Erfahrungen? Oder sind es eher die schrecklichen Dinge, die dir widerfahren sind, von denen du berichtest? Geschichten, in denen du das Opfer bist.

Deine Gedanken lösen die unterschiedlichsten Gefühle von Schuld, Stolz bis zu Selbstmitleid und Angst aus. Doch du bist nicht deine Vergangenheit. Du brauchst deine Geschichten nicht. Spüre für einen Moment das, was ist. Nimm die Kraft deiner Präsenz wahr. Und höre auch auf damit, dir Sorgen zu machen. Immer, wenn du dich mit „Was wäre, wenn…“-Szenarien quälst, ist das ein Zeichen dafür, dass du dich mit deinen Gedanken identifizierst, die in die Zukunft abschweifen.

Wann immer du Negativität in dir aufsteigen spürst, ob sie nun durch äußere Faktoren oder einen Gedanken ausgelöst wurde oder gar keinen erkennbaren Grund hat, betrachte sie als Stimme, die dir sagt: „Aufgepasst. Hier und Jetzt. Wach auf. Stopp das Gedankenkarussell sofort. Sei gegenwärtig.“
Bereits das kleinste Gefühl von Gereiztheit ist bedeutsam. Akzeptiere es, untersuche es und lass es los. Denn sonst besteht die Gefahr, dass sich unbeobachtet Reaktionen aufbauen, die sich akkumulieren. Falls du deine negative Emotion nicht vollständig loswerden kannst, akzeptiere sie einfach und widme ihr deine Aufmerksamkeit. Du kannst dir vorstellen, für den äußeren Anlass der Reaktion durchlässig zu werden.

Am besten übst du das erst einmal bei kleinen oder sogar banalen Dingen, z.B., wenn du friedlich daheimsitzt und plötzlich das Schrillen der Alarmanlage eines Autos ertönt. Du bist gereizt. Aber welchen Sinn hat diese Gereiztheit? Wenn du ehrlich bist, keinen. Warum hast du sie aufkommen lassen? Hast du gar nicht. Dein Denken hat es getan – es handelt sich um eine automatische, völlig unbewusste Reaktion. Und warum hat dein Denken sie aufkommen lassen? Weil es unbewusst der Überzeugung ist, dass sein Widerstand, den du als Unbehagen oder Negativität in irgendeiner Art erlebst, die unerwünschte Situation irgendwie beenden wird. Das ist natürlich Trugschluss. Der Widerstand ist in Wahrheit viel störender als der ursprüngliche Anlass, dem er galt. Oder?