Claudia Haak 

Kolumne



Na, wie geht’s denn so? Was gibt es Neues?
Da ist sie wieder. Die Frage, die mich jedes Mal zum Nachdenken bringt und mir das Gefühl gibt, mein Leben ist absolut bedeutungslos und langweilig. Ein Kollege, mit dem ich zum Mittagessen in der Kantine verabredet war, stellte mir kurz bevor die Gabel mit den Spaghetti in meinem Mund landete die Frage aller Fragen: „Was gibt es denn bei dir Neues?“ Ich versuchte Zeit zu schinden, deutete auf die Gabel mit Spaghetti und sagte: „Erzähl du zuerst.“  Er antwortete gerne und ausführlich, dass er gerade total busy sei, weil er neben seinem total stressigen Job als Produktmanager morgen zum spontanen Ski fahren mit Kollegen in den bayerischen Wald fahre. Nebenbei renoviere er sein Haus und sei fürs nächste Wochenende schon für einen Motorradtrip mit einem Freund verabredet. „Toll“, entfuhr es mir und ich kaute genüsslich weiter. „Da kommt bei dir ja gar nicht erst der Hauch von Langeweile auf“, erwiderte ich. „Nee“, lachte er. „Und, erzähl mal, was machst du denn so?“  Ja, was machte ich denn eigentlich so? Ich hätte ihm von den Schwierigkeiten mit meiner erwachsenen Tochter erzählen können, davon, dass mein Mann seine Zeit lieber vor der Glotze verbrachte als mit mir etwas zu unternehmen und, dass mich meine Mutter noch in den Wahnsinn trieb mit ihren Anrufen zum körperlichen und seelischen Befinden der Familienmitglieder, einschließlich der Haustiere. Denn, sollte ich mich bis zu diesem Zeitpunkt gut und gesund gefühlt haben, war dies spätestens vorbei, wenn sie wie aus der Pistole geschossen Horrorszenarien kreierte in der Art: „Ich will dir ja keine Angst machen, aber genau in der Straße, wo deine Tochter morgen zur Party geht, haben sie letztens erst eine Frau vergewaltigt, nicht, dass du mir nachher den Vorwurf machst, ich hätte nichts gesagt.“ Ich könnte ihm außerdem erzählen, dass ich in letzter Zeit unter extremen Stimmungsschwankungen litt und manches Mal kurz vor dem Sprung von der Brücke war, was sicherlich daran lag, dass ich in den Wechseljahren war. Aber, würde ihn das interessieren? Was könnte ich ihm erzählen, was neu und spannend in meinem Leben war? Ich war immer noch verheiratet, hatte seit vielen Jahren denselben Job und Alltag und wurde täglich älter. Ich hatte keine Affäre mit einem Mann, die ich meinem Kollegen flüsternd beichten könnte, sondern lebte ein völlig skandalloses, normales eintöniges Leben. Aus diesem Grund antwortete ich: „Ich lebe einfach mein Leben so gut ich kann. Das habe ich gestern so gemacht, das mache ich heute so und morgen wieder und mir geht es gut dabei.“ Der Kollege sah mich irritiert an und sagte: „Nichts Neues bei dir? Gar nichts?“ Ich konnte seine Enttäuschung förmlich heraushören.  „Nö“ sagte ich, „aber, wenn du mit diesen nervigen Fragen aufhörst, dann können wir gerne zu anderen Themen ins Gespräch kommen.“ Er lächelte und sagte: „Gut, Themenwechsel, dann fang mal an.“ Von diesem Moment an hatten wir eine richtig schöne Mittagspause.