Claudia Haak 

Psychologie

 


Das Wichtigste ist, dass man sich in Selbstaufmerksamkeit übt. Dafür benötigt es zwei Dinge: erstens die klare Entscheidung, für sich und seine Gefühle die Verantwortung zu übernehmen und aus der Opferrolle auszusteigen, und zweitens die mentale Disziplin, nicht in seinem Schattenkind zu versacken, sondern selbstaufmerksam ein Stück über sich zu schweben und zu merken, wenn man sich wieder in seinem Schattenkind befindet.

Das bedeutet, dass du dir ein für alle Mal klarmachst, dass dein Schattenkind eine reine Projektion aus deiner Kindheit ist. Und dann behalte dich den ganzen Tag im Auge und immer, wenn es nötig ist: ertappen und umschalten!

Denke immer daran: Du bist ein leuchtender Stern von Geburt an.

Denn wenn ich die Verantwortung für mein Handeln übernehme, dann muss ich mich auch dem Risiko des Scheiterns stellen. Hierfür benötige ich jedoch eine gewisse Frustrationstoleranz, also die Fähigkeit, negative Gefühle auch einmal auszuhalten.

Versuche doch einmal dein Handeln weniger an der Frage auszurichten „Wie kann ich mich am besten beschützen?“, statt an den Fragen „Was ist anständig und was ist sinnvoll?“. Wenn du diese Fragen zum persönlichen Leitmotiv erhebst, dann kannst du weit über dein Schattenkind und seine Ängste hinauswachsen.

Im Grunde genommen sind wir ja ständig damit beschäftigt, unsere Stimmung irgendwie im Lot zu halten. Dies hängt eng mit unserem Lustempfinden zusammen: Wir wollen Unlust möglichst vermeiden und möglichst Lust gewinnen.

Echte Nähe entsteht allein durch Authentizität, Offenheit und Empathie.

Allerdings gibt es auch jene, als eher „naiv“ zu bezeichnenden Naturen, die die Welt und ihre Beziehungen etwas verklärt wahrnehmen. Die Betroffenen haben als Schutzstrategien zumeist Harmoniestreben entwickelt und Glaubenssätze wie: „Ich bleibe Kind“. Sie reden sich die Dinge schön, weil sie große Angst vor der Wahrheit haben, die sie in die unangenehme Lage brächte, sich aktiv zur Wehr setzen zu müssen. Eine Eigenschaft von sehr harmonieliebenden Menschen ist nämlich nicht nur, dass sie Konflikte gern vermeiden, sondern dass sie diese manchmal noch nicht einmal wahrnehmen. Falls du zu jenen gehörst, die zu gutgläubig und naiv sind, dann überlege dir entsprechend, wie du das Verhalten deines Interaktionspartners unter strengeren Gesichtspunkten beurteilen würdest. Versuche besonders kritisch zu sein. Versuch mithilfe deines inneren Erwachsenen die Dinge möglichst nüchtern zu sehen. Ertappe dich, sobald du wieder anfängst, Entschuldigungen für den anderen zu suchen und Verständnis für ihn an Stellen aufzubringen, die dich eigentlich vehement stören.

Ablenkung heißt, dass ich meine Aufmerksamkeit nicht auf meine Gefühle und Probleme richte, sondern auf die Außenwelt. Wenn ich mich völlig auf das, was da draußen passiert bzw. auf eine Tätigkeit konzentriere, nehme ich mich selbst nicht wahr, dann bin ich selbstvergessen. In diesem Zustand spüre ich keine Schmerzen – weder körperlich noch seelisch. Deswegen ist Ablenkung auch ein zentraler Bestandteil bei der Psychotherapie für Patienten mit chronischen Schmerzen – wenn man leidenschaftlich tanzt, spürt man keine schmerzenden Füße. Immer wenn unsere Aufmerksamkeit ganz gefesselt ist, können wir in den Zustand der Selbstvergessenheit gelangen. Hierdurch können sich belastende Gefühle ganz zurückziehen. Durch Ablenkung gerätst du automatisch in eine bessere Stimmung, was dir einen inneren Abstand zu deinem Problem verschafft.

Durch die Ablenkung gerät dein Ärger in den Hintergrund, du beruhigst dich. Nun kannst du dein Problem mit X aus einer viel gelasseneren Stimmung heraus betrachten. Du hast innerlich Abstand gewonnen. Durch den Abstand verändert sich auch deine Interpretation der Situation. Du kannst jetzt auch deinen Anteil an dem Geschehen erkennen.

Falls du unter einem ganz akuten Problem leidest, das deine Aufmerksamkeit ständig beansprucht, dann gebe ich dir den Tipp, dich eine ½ Stunde täglich ganz intensiv damit zu befassen, und zwar schriftlich. Dann weiß dein innerer Erwachsener, dass im Zweifelsfall alles auf dem Zettel steht und er sich für den Rest des Tages anderen Dingen zuwenden kann.