Claudia Haak 

Psychologie

 


Die Abwehr von schmerzhaften Einsichten kann eine chronische, unterschwellige Angst erzeugen. Die Abwehr von Angst kostet jedoch mehr Energie als die Angst zu akzeptieren. Und so verhält es sich mit allen anderen negativen Gefühlen: Trauer, Hilflosigkeit, Wut, Scham – sie lösen sich am schnellsten auf, wenn ich sie akzeptiere.

Wenn ich von Angst spreche, dann spreche ich vom Schattenkind. Wenn wir unser Schattenkind annehmen und damit unsere Ängste, unsere Unterlegenheits- und Schamgefühle, unsere Trauer und Hilflosigkeit annehmen, dann fühlt es sich verstanden und kann sich allmählich beruhigen. Hierfür reicht es oft schon, dass man sich im Alltag immer wieder sagt: Ja, so ist das.

Konzentriere dich auf den körperlichen Ausdruck deines belastenden Gefühls. Wenn du zum Beispiel traurig bist, dann fokussiere dich darauf, wie dein Körper die Trauer spürt. Vielleicht ist es ein Kloß im Hals? Oder ein Drücken auf der Brust? Konzentriere dich ausschließlich auf dieses Gefühl, und blende alle Bilder, die du zu deiner Traurigkeit im Kopf hast, aus. Wenn du traurig bist, weil deine Freundin Schluss gemacht hat, dann verbanne jegliches Bild von ihr aus deinem Kopf, und spüre einzig und allein das körperliche traurige Gefühl. Bleibe dabei. Du wirst sehen, es löst sich schnell auf. Entsprechend kannst du mit allen anderen belastenden Gefühlen verfahren. Diese Übung entstammt der sogenannten Sedona-Methode nach Lester Levenson, einem sehr pragmatischen Ansatz, um mit Gefühlen umzugehen.

Durch die Brille des Schattenkindes ist die Welt eine Projektion. Eine negativ verzerrte Wirklichkeit.

Menschen, die ihr Schattenkind beschützen, indem sie sich anpassen und nach Harmonie streben, lassen sich eher von Widerfahrnissen und Zufällen lenken, als dass sie sich Ziele setzten und Hindernisse aus dem Weg räumten. Für Ziele bräuchten sie eine klare Vision, die ihnen häufig fehlt, weil sie sich ihr Leben lang nach den anderen anstatt nach sich selbst gerichtet haben. Ein weiterer Grund für ihre Passivität hinsichtlich ihrer Lebens- und Beziehungsgestaltung ist ihre Konfliktscheu. Sie leben in der Illusion ihres Schattenkindes, dass sie Beziehungen über sich ergehen lassen müssten, anstatt dass sie Einfluss auf sie nehmen könnten. Sie agieren nicht, sie reagieren. Ihre Anpassung geht auf Kosten einer gesunden Selbstbehauptung. Oft sind die Betroffenen so gewöhnt daran, sich ihrem Gegenüber artig anzupassen, dass ihnen noch nicht einmal die Idee kommt, dass sie ihre eigenen Ansichten oder Bedürfnisse aussprechen könnten. Es ist erstaunlich, was für einen geringen Impuls manche Menschen verspüren, sich einfach mal zur Wehr zu setzen. Die Selbstbehauptung von Konfliktscheuen besteht oft im passiven Widerstand, der nicht selten im Rückzug, Flucht oder Kontaktabbruch mündet.

Es gibt aber noch einen Grund, warum die Betroffenen so zögerlich sind, ein gutes Wort in eigener Sache einzulegen: Sie sind sich unsicher, ob sie ein Recht auf ihre Meinung und Wünsche haben. Sie sind nicht besonders geübt im Argumentieren. Weil sie den anderen normalerweise als überlegen wahrnehmen, billigen sie ihm per se mehr Rechte und mehr Kompetenz als sich selbst zu. Sie müssen also unbedingt an ihrer Standpunktsicherheit arbeiten.

Bitte denke immer daran, dass man alles, auch schwierige Probleme, im Zustand einer guten Stimmung und des Sonnenkindes ansprechen kann. Es geht keine Information verloren, wenn du etwas freundlich formulierst. Wenn du deinem Gegenüber grundsätzlich Wohlwollen und Respekt entgegenbringst, kannst du alles ansprechen. Und halte dir immer vor Augen: Dem anderen Recht zu geben, wenn er Recht hat, macht dich souverän und sympathisch. Beharrst du hingegen stur auf schlechten Argumenten, bist du weder souverän noch sympathisch. 

Argumente, Wohlwollen und Einsicht sind die Grundpfeiler jeglicher Verständigung.

Formulierung für eine Trennung: Du bist ein leuchtender Stern, aber dein Verhalten ist ungünstig, und weil du leider an deinem Verhalten festhältst, muss ich mich jetzt von dir trennen. (Jens Corssen-Psychologe)

Das Dümmste was man machen kann, ist, eine berechtigte Kritik abzustreiten. In diesem Fall könnte dein Gesprächspartner nämlich zu der Einschätzung kommen, dass es wenig Sinn macht, mit dir ein offenes Wort zu reden, weil du nicht kritikfähig bist. Mache dir immer wieder bewusst: Ein Fehler ist keine Schande. Die Schande ist, ihn abzustreiten.