Claudia Haak 

Partnerschaft



Partnerschaft: Kann/darf ich so sein wie ich bin?
Die Liebe als riesiger Supermarkt, wo man nur einfach ins reichlich bestückte Regal greifen muss, um den richtigen Partner herauszufischen? Natürlich ist die Auswahl an möglichen Partnern größer geworden. Schließlich rückt die Welt im Kommunikationszeitalter immer enger zusammen und wo früher allein schon die Geografie Grenzen setzte, wird heute grenzenlos gechattet und gezoomt. Doch wer die Wahl hat, hat die Qual und die Ansprüche, die wir heutzutage an einen Liebes- und Lebenspartner stellen, sind wirklich nicht ohne. Da fällt das Entscheiden nicht immer leicht.

Kein Wunder also, wenn manche eine Partner-Prioritätenliste erstellen. Irgendwie muss man ja der Flut an möglichen Kandidaten Herr werden. Aussehen, Bildungsstand, Einkommen oder Gesellschaftsschicht sind die Hauptpunkte, die die meisten ganz individuell für sich zusammengestellt haben. Und wer die meisten Listenpunkte erfüllen kann, kommt in die engere Wahl. Und dann folgt der „Eignungstest“! Doch nicht immer hält der Alltag, was die Fakten unserer Liste als so vielversprechend angezeigt hatten. Da ist dann irgendetwas, das sich nicht stimmig anfühlt. Obwohl alle äußeren Kriterien erfüllt sind, fließt es einfach nicht richtig. Manchmal kann man sogar das Gefühl bekommen, dass der doch so passende Partner eher blockierend und hinderlich auf einen wirkt. Dass man trotz großer Verliebtheit das innere Gefühl eines Fragezeichens hat, ein inwendiges „Achtung!“ oder ein spontanes „Uuups!“. Obwohl der Verstand sagt, hier passt alles – scheint der Bauch damit nicht einverstanden zu sein. Sensible Zeitgenossen spüren das sehr schnell. Aber auch Menschen, die nicht zu den sensibelsten gehören, können merken, dass es doch nicht passt. Nämlich dann, wenn alles im Zusammensein ungeheuer anstrengend und zäh ist. Wenn das Zusammensein mit dem Partner erschöpft. Wenn man nach den Treffen völlig ausgelaugt ist und sich regenerieren muss. Wenn man das Gefühl von „Leere“ hat, als wenn alle Energie aus einem herausgeflossen wäre. Ein Partner, der wirklich zu einem passt, führt einem Energie zu. Gibt uns das Gefühl von Angenommen sein. So wie wir sind! So darf man auch mal krank oder müde oder gereizt sein, ohne dass das gleich Diskussionen und Probleme aufwirft. Wo man das Gefühl hat, mit dem Partner kommt noch etwas Gutes hinzu. Mehr Spaß, mehr Lebensfreude, mehr Möglichkeiten für Individuelles und partnerschaftliches Wachstum. Mit einem Partner, der wirklich passt, kommen die Dinge ins Fließen! Nichts stockt, drückt oder behindert. Das heißt natürlich nicht, dass ab sofort nur noch paradiesische Zustände herrschen, es keine Probleme oder Schwierigkeiten mehr gibt. Das wäre ja auch zu schön, um wahr zu sein. Aber mit einem Partner, der passt, lassen sich die Dinge besser bewältigen. Man unterstützt sich gegenseitig, stärkt sich den Rücken, baut sich gegenseitig auf. Und damit wächst das Selbstvertrauen bei beiden. Und wo Selbstvertrauen ist, da werden Herausforderungen als etwas gesehen, das bewältigt werden kann. Das starke Wir-Gefühl ist eine Kraft, die einen über Hürden hinweg trägt, an denen man als Einzelperson verzweifelt wäre. Und gerade da, wo es schwierig wird, merkt man am schnellsten, ob der Partner zu einem passt. Denn wenn er einen allein vor die Hindernisse laufen lässt, einen abfertigt mit dem Satz „…dein Problem!“, dann passt er wirklich nicht.

Der richtige Partner hat also eine belebende und aufbauende Wirkung auf uns. Er fördert unsere Entwicklung, weil wir ihm am Herzen liegen. Da kann es auch schon mal sein, dass er uns mit unseren Fehlern und dunklen Seiten konfrontiert. Die haben wir ja schließlich alle und sollten lernen, darüber hinaus zu wachsen. Und keiner kann uns dabei besser helfen, als der Partner, der uns wirklich kennt. Der Partner, der zu uns passt, weiß auch meistens ziemlich genau, an welcher Seite er uns packen muss, damit sich etwas bewegt. Das kann schon mal einen Streit provozieren, doch wird er dabei nicht unsere Würde verletzen. Weder im körperlichen noch im seelischen Sinne. Denn er weiß auch, dass die Entwicklung aus uns selbst heraus geschehen muss. Das mit Manipulation, Zwang oder Erpressung nichts Dauerhaftes erreicht werden kann. Im Gegenteil, solche Maßnahmen bedeuten über kurz oder lang das Ende einer Beziehung. Sich einen Partner „erziehen“ zu wollen, wie man das früher so schön gedacht hat, ist nicht möglich. Das widerspräche auch dem freiheitlichen Grundsatz, auf den jeder Mensch einen Anspruch hat. Trotzdem leben viele Menschen in Partnerschaften, in denen es hakt und klemmt. Sie sind sich sogar im Klaren darüber, dass der Partner eigentlich nicht zu ihnen passt, und ändern dennoch nichts. Einige resignieren, arrangieren sich mit der Situation, solange es einigermaßen läuft. Gerade viele Männer gehören zu dieser Sorte. Solange die Wäsche gewaschen, das Essen auf dem Tisch und das Bett mal warm ist, werden die Ansprüche heruntergeschraubt. Andere verlegen sich aufs Jammern. In der Mehrzahl sind das die weiblichen Kandidaten. Da wird vor sich hingemotzt, gemeckert und sich selbst bedauert. Freunde und Familie werden damit genervt, wie schlecht man doch vom Partner behandelt wird. Und das bezeugte Mitleid tut ja sooo gut! Da bekommt man dann die Aufmerksamkeit und Zuwendung, die eigentlich vom Partner kommen sollte. Und stärkt sich damit für weiteres Durchhalten, anstatt etwas zu verändern. Aber warum es nicht zur Veränderung kommt hat nur einen Grund – und der liegt in der eigenen Person begründet.