Claudia Haak 

Partnerschaft


Jedes Kind kommt mit seinem eigenen, unverwechselbaren Lebensplan auf die Erde, der vielleicht in Resonanz mit anderen steht, aber niemals in Konkurrenz. Nach dem Resonanz-Prinzip werden jede Frau und jeder Mann das Gegenüber anziehen, was sie oder er ausstrahlt.

Jeder Partner ist ein einzigartiges, einmaliges und unverwechselbares DU. Um dieses DU wirklich kennen lernen zu können, es in seinem Wesen zu erfahren und vielleicht seine Liebe zu empfangen, muss jedes ICH sich zuerst einmal selbst gefunden haben. Wer sich selbst kennt, wird auch herausfinden, mit wem er zusammenleben möchte.

Gehen wir davon aus, die Gedanken über Freiheit, Sicherheit, Liebe und Mut lassen sich in einer modernen Beziehung des 21.Jahrhunderts umsetzen. Wie könnte diese aussehen? Nun trägt zwar jedes „Modell“ bereits seine Endlichkeit und seinen Gegenentwurf in sich, doch kann man vielleicht sieben Aspekte herausgreifen, die sich als wesentlich für eine erwachte und bewusste Partnerschaft erweisen dürften:

1. Vertrauen
2. Erwartungslosigkeit
3. Hingabe
4. Verletzbarkeit
5. Gleichberechtigung
6. Offenheit
7. Respekt

Solange eine Beziehung unter der Erwartung eingegangen wird, etwas haben zu wollen, wird sie nicht erfüllend sein.

Die amerikanische Psychotherapeutin Esther Perel hat dazu in ihrem lesenswerten Buch „Wild Life“ manchen interessanten Gedanken geäußert: „Wenn wir in unserer Beziehung Freiheit erfahren, sind wir weniger geneigt, andernorts danach zu suchen. Wer den Dritten auf diese Weise einzuladen versteht, hält ihn und seine Attraktivität gewissermaßen im Zaum. Die Versuchung ist nicht länger ein Schatten, sondern eine konkrete Möglichkeit, über die sich offen reden und scherzen lässt und mit der man sein Spiel treiben kann. Wenn wir die Wahrheit gefahrlos aussprechen können, brauchen wir keine Geheimnisse zu hüten. Mehr noch, die Anerkennung des Dritten kann eine zusätzliche Würze sein, nicht zuletzt deshalb, weil sie uns daran erinnert, dass der Partner nicht unser Eigentum ist. Wir sollten ihn oder sie nicht als Selbstverständlichkeit ansehen. In der Unsicherheit wächst das Verlangen, und nur aus der inneren Distanz können wir den Partner wie einen Fremden bewundern und neu an ihm zur Kenntnis nehmen, wofür uns Gewohnheit blind gemacht hat.“

Es treffen im Denken und Fühlen der modernen Frauen offensichtlich zwei Kräfte aufeinander, die ähnlich stark, aber einander diametral entgegengesetzt sind - Zweisamkeit und Autonomie.

Ehen oder feste Beziehungen sind hervorragende Spiegel-Situationen, um einerseits unsere Schwächen und Schattenseiten aufzuzeigen und andererseits unser verborgenes Potenzial zu offenbaren. Durch die große Nähe in einer engen Beziehung können wir dem Blick in den Spiegel nicht ausweichen. Der Partner spiegelt uns unbestechlich unsere Eifersucht, unseren Besitzanspruch, unsere Machtgefühle, unsere Ungeduld, unseren Egoismus und unsere Lieblosigkeit. Das ist nicht immer schön, aber nahezu immer äußerst hilfreich. Wer sich weigert, in diesen Spiegel zu schauen, flüchtet häufig von einer Beziehung in die nächste – ohne aber wirklich einen Schritt voranzukommen. Es bietet sich in vielen (sicher nicht in allen!) Fällen eine größere Möglichkeit zum Wachstum, wenn man innerhalb einer Ehe oder festen Partnerschaft an sich arbeitet, als wenn man jedem Konflikt oder jeder Auseinandersetzung dadurch aus dem Weg geht, dass man sich ihr einfach durch Entfernen entzieht. Interessanterweise scheinen Frauen (und Männer) ja auch immer wieder ähnliche Männer-(Frauen-)Typen anzuziehen, solange sie ein bestimmtes Thema nicht bearbeitet haben. Geht es in Beziehungen möglicherweise mehr um inneres Wachstum als um persönliches Glück? Eine sehr heikle Frage, wo unsere Gesellschaft doch den Glücksfaktor und den „Spaß“ so sehr in den Vordergrund stellt.

Wenn eine Ehe oder Partnerschaft die lebendige Grundlage für die Arbeit an sich selbst bietet, dann erfüllt sie noch immer eine Funktion. Sie sollte als eine „Reise im gleichen Zug-Abteil“ verstanden werden. Beide Partner haben das gleiche Ticket gekauft, aber jeder besitzt die Freiheit, das Abteil oder den Zug zu wechseln.

Eine Ehe oder eine feste Beziehung kann ein sinnvoller Rahmen sein, um einen Lebensplan für eine überschaubare Lebensspanne umzusetzen. Etwa um Kindern eine gewisse Geborgenheit oder einen geschützten Lebensraum zu geben. Vielleicht auch um bestimmte seelische Prozesse mit einem bestimmten Partner in einer engen Verbindung zu durchleben. Dies können Entscheidungen sein, die ganz allein in der Freiheit der jeweiligen Menschen liegen. Mit LIEBE hat die Wahl des Lebensmodells nicht das Geringste zu tun. Liebe wirkt auf einer ganz anderen Ebene. Liebe geschieht aus einer völlig anderen Dimension heraus. Rollenmodelle oder Lebensstrukturen sind eine gesellschaftliche Komponente, Liebe repräsentiert eine spirituelle Dimension.